Reisekosten mehrere Angelegenheiten

Abrechnung der Reisekosten bei Geschäftsreise in mehreren Angelegenheiten

Dient eine Reise mehreren Geschäften, so sind die Kosten nach § 7 Abs. 2 VV RVG auf die einzelnen Geschäfte aufzuteilen. Jeder Auftraggeber haftet bei einer solchen gemeinsamen Geschäftsreise nur für seinen Anteil und nicht etwa für die Kosten, die entstanden wären, wenn der Anwalt allein für ihn gereist wäre. Eine Haftung der Auftraggeber als Gesamtschuldner oder nach § 7 Abs. 2 Satz 1 RVG kommt hier nicht in Betracht, da der Anwalt nicht in derselben Angelegenheit tätig wird.

Soweit der Anwalt wegen mehrerer Gerichtstermine zum selben Gericht fährt, ist die Berechnung relativ einfach. Unabhängig davon, ob der Anwalt die Termine für einen Auftraggeber oder für mehrere Auftraggeber wahrnimmt, werden die gesamten Reisekosten durch die Anzahl der Termine geteilt. So sind die Reisekosten bei zwei Angelegenheiten zu halbieren,[1] bei drei Angelegenheiten zu dritteln etc.

Beispiel:

Die Anwältin reist zum auswärtigen Termin für die Mandantin A in ihrer Ehewohnungssache sowie in der einstweiligen Anordnung Unterhalt. Darüber hinaus nimmt sie am selben Gericht auch noch einen Termin für den Mandanten B in dessen Scheidungssache wahr.

Die Geschäftsreise dient drei Terminen. Daher sind die Gesamtkosten durch drei zu teilen und anteilig auf die Mandate umzulegen.

Komplizierter wird es bei einer sog. Rundreise, also wenn der Anwalt auf einer Tour gleich mehrere Gerichte anfährt. In diesem Fall sind die Reisekosten nach den Verhältnissen der Einzelkosten zu verteilen.

Wird eine Geschäftsreise für mehrere Angelegenheiten durchgeführt – unabhängig davon, ob auch für mehrere Auftraggeber oder für denselben –, so sind die gesamten Reisekosten grundsätzlich gemäß Vorbem. 7 Abs. 3 Satz 1 VV RVG verhältnismäßig aufzuteilen. Dies gilt insbesondere für sog. Rundreisen, bei denen für mehrere Auftraggeber auf einer Reise mehrere Ziele angefahren werden.

Bei der Berechnung des auf die jeweilige Angelegenheit entfallenden Anteils ist in folgenden Schritten vorzugehen:

  1. Zunächst sind die tatsächlichen (erstattungsfähigen) Gesamtkosten zu berechnen.
  2. Sodann sind die fiktiven Einzelreisekosten zu ermitteln, die angefallen wären, wenn der Anwalt die Reisen für jeden Mandanten einzeln durchgeführt hätte.
  3. Schließlich muss noch die Summe der Kosten der fiktiven einzelnen Reisen errechnet werden.
  4. Alsdann werden die fiktiven Einzelreisekosten des Mandanten mit der Summe der tatsächlichen erstattungsfähigen Reisekosten multipliziert und durch den Gesamtbetrag aller fiktiven Reisekosten dividiert. Es gilt also folgende Formel:
berechnung-geschaeftsreise

Die Anwältin hat ihre Kanzlei in Köln. Für Mandant A fährt sie zum LG Bonn und anschließend für Mandant B zum LG Koblenz. Das LG Bonn liegt 30 km von der Kanzlei entfernt, das LG Koblenz 120 km, die Entfernung zwischen LG Bonn und LG Koblenz beträgt 100 km. Es ergibt sich folgende Berechnung:

(1) Tatsächliche erstattungsfähige Gesamtreisekosten
Fahrtkosten, VV 7003 ([30 + 100 + 120 km] x 0,42 €/km)

Abwesenheitspauschale 4 bis 8 Stunden, VV 7005 Nr. 2
Gesamt

(2) Fiktive Einzelreisekosten

Mandant A:

Fahrtkosten, VV 7003 (2 x 30 km x 0,42 €/km)
Abwesenheitspauschale bis 4 Stunden, VV 7005 Nr. 1
Gesamt

Mandant B:

Fahrtkosten, VV 7003 (2 x 120 km x 0,42 €/km)
Abwesenheitspauschale 4 bis 8 Stunden, VV 7005 Nr. 2
Gesamt

(3) Summe der fiktiven Einzelreisekosten (55,20 € + 150,80 € =)

(4) Anteilige Kosten

Mandant A hat zu zahlen: 55,20 € x 155,00 € / 206,00 €
Mandant B hat zu zahlen: 150,80 € x 155,00 € / 206,00 €
Gesamt (Kontrolle)

105,00 €
50,00 €
155,00 €

25,20 €
30,00 €
55,20 €

100,80 €
50,00 €
150,80 €

206,00 €

 =  41,53 €
= 113,47 €
155,00 €

[1]     OVG Thüringen AGS 2018, 395 = RVGreport 2018, 301 = NJW-Spezial 2018, 509; BVerwG 19.8.2008 – 4 KSt 1001/08.
Bild: Adobe Stock/©Ivanko Brnjakovic
Gerichtsbezirke 2025

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Zur Abrechnung von Reisekosten auswärtiger Anwältinnen und Anwälte

Autor

  • Norbert Schneider

    Der Gebührenexperte und Rechtsanwalt Norbert Schneider hat bereits zahlreiche Werke zum RVG veröffentlicht, darunter Fälle und Lösungen zum RVG, AnwaltKommentar RVG, Streitwertkommentar und RVG Praxiswissen. Er ist außerdem Autor der Fachinfo-Tabelle Gerichtsbezirke 2025 zur Reisekostenabrechnung auswärtiger Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte und Mitherausgeber der AGS-Zeitschrift für das gesamte Gebührenrecht sowie der NZFam.

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