Was Anwältinnen und Anwälte beachten sollten

Wenn eine Rechtsanwältin oder ein Rechtsanwalt verhindert ist, beispielsweise durch Krankheit, ein anderes, zeitgleiches Verfahren oder aus persönlichen Gründen, kommt es häufig zu Terminsvertretungen. Was ist hierbei zu beachten? Wir geben Ihnen im Folgenden einige praktische Tipps an die Hand.

Es ist weder ungewöhnlich noch verwerflich, dass sich Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte in Gerichtsverfahren durch Kolleg:innen vertreten lassen. Etwa, wenn eine Terminverschiebung nicht möglich ist oder ein Versäumnisurteil vermieden werden soll. Genaue Statistiken zu Terminsverschiebungen gibt es nicht, da Terminsvertretungen nicht gesondert erfasst werden. Zwar wird dokumentiert, ob ein Anwalt bei einem Gerichtstermin anwesend ist und auch, wenn eine Vertretung erfolgt, doch eine gesonderte Erfassung von Terminsvertretungen existiert nicht.

Was ist bei der Terminsvertretung zu beachten?

Ein häufiger Fall von Terminsvertretungen betrifft Verfahren, die räumlich in einem anderen Gebiet als dem Sitz der Kanzlei des Prozessvertreters/der Prozessvertreterin abspielen. Eine Rechtsanwältin, die ihre Kanzlei beispielsweise in München hat, wird für einen halbstündigen Termin bei einem Gericht in Hamburg, der quasi reine Formsache ist, schon aus Gründen reiner zeitlicher Effizienz, aber auch aus Kostengründen nicht nach Hamburg anreisen, sondern hierfür in der Praxis auf eine:n lokalen Partner:in zurückgreifen. Gegen solche Terminsvertretungen ist wenig einzuwenden, ersparen sie doch zeitraubende Reisen und Aufenthalte fernab der Kanzlei und der Mandantschaft unter Umständen Reisekosten.

Aus Sicht des Rechtsanwalts oder der Rechtsanwältin, der/die sich vertreten lässt, sollten bei Terminsvertretungen einige Punkte beachtet werden:

Zustimmung der Mandantschaft

Erforderlich ist, dass der/die Mandant:in in die Vertretung einwilligt. Üblicherweise wird die Vollmacht des/der Hauptanwält:in die Möglichkeit von Untervollmachten bereits beinhalten. Doch selbst wenn etwa durch einen Mandantenvertrag die Möglichkeit zu einer Vertretung eröffnet ist, sollte eine solche aus Gründen der Transparenz mit der Mandantschaft abgestimmt werden. Mandant:innen erwarten nämlich in der Regel eine persönliche Vertretung durch den Anwalt ihrer Wahl. Gibt es gute oder gar zwingende Gründe für eine Vertretung und werden diese richtig dargelegt, wird die Mandantschaft einer solchen jedoch normalerweise auch zustimmen.

Interne oder externe Vertretung?

In Kanzleien, die aus mehreren Sozien bestehen, ist häufig jeder Sozius zur Führung der Geschäfte der Sozietät berechtigt. Eine interne Vertretung ist häufig die beste Wahl – hier kennt man seine Vertretung, sind die Arbeits- und Kommunikationswege kurz. Auch Haftungsfragen sind im Falle einer internen Vertretung leichter zu regeln. Bei überörtlichen Terminen kommt eine interne Vertretung jedoch nur für große Kanzleien mit Sitz an mehreren Standorten in Betracht, während kleinere Kanzleien häufiger auf einen externen Partner zurückgreifen.

Vollmacht und Untermandatierung

Der/die Terminsvertreter:in benötigt eine schriftliche, formell ordnungsgemäße Vollmacht, die inhaltlich ausreichend ist. Es ist nicht zwingend erforderlich, dass die Terminsvertretung zu allen Belangen uneingeschränkt bevollmächtigt wird – es kann auch vereinbart werden, dass bestimmte Entscheidungen zuvor mit dem/der Hauptanwält:in abgestimmt werden müssen. Diese Regelungen sollten jedoch eindeutig definiert werden. Zudem sollte geklärt werden, ob die Vollmacht ausschließlich für einen bestimmten Anwalt der Kanzlei gilt oder auch für andere Berufsträger:innen innerhalb der Kanzlei erteilt wird.

Fachliche Qualifikation

Die für den speziellen Fall erforderliche fachliche Qualifikation muss sichergestellt sein. Beispiel: Ein Fachanwalt für Medizinrecht, der sich in einem komplexen Fall, der sich um Arzthaftung dreht, von einem Anwalt ohne Erfahrung auf diesem Gebiet vertreten lässt, geht ein Risiko ein. In einem Verfahren, das keine großen juristischen Schwierigkeiten bereitet, kann sich durchaus ein:e Rechtsanwält:in mit Fachanwaltstitel durch eine:n Rechtsanwält:in ohne Fachanwaltstitel vertreten lassen. Doch wenn es um Spezialkenntnisse einer bestimmten Rechtsmaterie geht, sollte ebenfalls ein:e Spezialist:in als Vertreter:in gewählt werden.

Frühere Zusammenarbeit

Viele Kanzleien haben Kooperationspartner, mit denen sie schon länger zusammenarbeiten. Hier kennt man sich und die Qualifikation des jeweils anderen. Besonders bei wichtigen Verfahren sollte man auf Kolleg:innen zurückgreifen, deren Expertise und Arbeitsweise man einschätzen kann. Experimente auf Kosten der Mandantschaft und des Verfahrenserfolgs sind hier fehl am Platz.

Vorbereitung des Gerichtstermins

Ein:e Terminsvertreter:in sollte rechtzeitig alle relevanten Akten erhalten, um sich umfassend auf den anstehenden Termin vorbereiten zu können. Dabei reicht es jedoch nicht aus, lediglich die Unterlagen zu übermitteln – entscheidend ist, dass der/die Hauptanwalt:in auch die geplante Strategie mit dem Terminsvertreter detailliert bespricht. Dies gilt etwa für die Frage, ob die Terminsvertretung einen (widerruflichen) Vergleich schließen darf. Insbesondere in komplexeren Fällen, wie etwa in Strafverfahren, muss die Terminsvertretung über die wichtigsten taktischen Entscheidungen informiert sein. Nur durch eine enge Abstimmung zwischen Hauptanwält:in und Terminsvertreter:in kann eine konsistente und erfolgversprechende Vertretung im Termin gewährleistet werden.

Im Termin selbst

Im Termin selbst sollte der/die Terminsvertreter:in bei Unsicherheiten oder Unklarheiten jederzeit die Möglichkeit haben, Rücksprache mit dem/der Hauptanwält:in zu halten, um so eine bestmögliche Vertretung sicherzustellen und unnötige Verzögerungen zu vermeiden. Insbesondere dann, wenn das Verfahren während der Verhandlung einen nicht vorhersehbaren Verlauf nimmt und wichtige Entscheidungen anstehen.

Abrechnung der Kosten

Bei der Abrechnung bestehen zwei Modelle: Die Beauftragung des Terminsvertreters kann einerseits durch den Mandanten erfolgen: Der Auftrag wird auch dann in der Regel vom Prozessbevollmächtigten erteilt, dessen Prozessvollmacht sich nach § 81 ZPO auch auf die Beauftragung eines Vertreters erstreckt. Wichtig ist nur, dass der Auftrag im Namen der Partei erteilt wird. In diesem Fall können sowohl der/die Hauptanwält:in als auch der Terminsvertreter eine Verfahrensgebühr abrechnen und auch eine anfallende Termins- und Einigungsgebühr können unter Umständen beide geltend machen.

Im Fall einer Beauftragung durch den Prozessbevollmächtigten rechnet dieser mit dem Terminsvertreter direkt ab und nicht mit dem Mandanten. Aus der Perspektive des Anwalts, der eine Terminsvertretung wahrnimmt, ist diese Variante von Vorteil, da sich die Vergütung dann danach bestimmt, was zwischen Hauptanwält:in und Terminsvertreter:in vereinbart wurde. Dies kann im Zweifel sowohl für den/die Hauptanwält:in als auch die Vertretung eine höhere Vergütung bedeuten.

Erstattungsfähige Auslagen?

Allerdings besteht bei dieser Variante auch ein gewisses Kostenrisiko im Fall des Obsiegens im Verfahren. In Rechtsprechung und Literatur war lange umstritten, ob bei dieser Konstellation dem/der Hauptanwält:in erstattungsfähige Auslagen bzw. Kosten entstanden sind. Denn nur in diesem Fall können die Auslagen für einen Terminvertreter nach Vorbemerkung 7 Abs. 1 Vergütungsverzeichnis zum RVG in Verbindung mit den §§ 670 (‚Ersatz von Aufwendungen‘) und 675 (‚Entgeltliche Geschäftsbesorgung‘) des Bürgerliches Gesetzbuchs auch dem Mandanten in Rechnung gestellt werden.
Der Bundesgerichtshof entschied, dass die Kosten für einen Terminsvertreter nicht erstattungsfähig sind, wenn die Beauftragung durch den Hauptbevollmächtigten im eigenen Namen erfolgt (BGH, Beschluss vom 09.05.2023, Az. VIII ZB 53/21).
Für den Mandanten hat die Beauftragung durch den/die Hauptanwält:in den Vorteil, dass er nur eine Rechnung erhält. Der/die Hauptanwält:in kann mit dem Mandanten eine Vergütungsvereinbarung schließen, um nicht auf Kosten sitzen zu bleiben.

Prozessvertreter:in und Terminsvertreter:in können eine Gebührenteilungsvereinbarung schließen. Diese kann verhindern, dass einer von beiden die hauptsächliche Arbeitslast trägt, während der andere höhere Rechtsanwaltsgebühren geltend machen kann. In einer solchen Gebührenteilungsvereinbarung kann auch ein Pauschalhonorar für den Terminsvertreter vereinbart werden. Ebenso können darin berufs- und haftungsrechtliche Fragen individuell geregelt werden.

Mehr zum Thema Kostenerstattung in der Terminsvertretung lesen Sie hier.

Die im Prozess unterliegende Partei muss Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist, nur insoweit erstatten als die Zuziehung „zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war“. Dies sieht § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO vor.