Die Gebührenteilung bei der Terminsvertretung

Wird ein Terminsvertreter im Namen der Partei beauftragt, so wird häufig zwischen den beteiligten Anwälten eine Gebührenteilung vereinbart, was nach § 49b Abs. 3 S. 5 BRAO zulässig ist. Danach dürfen mehrere beauftragte Rechtsanwälte einen Auftrag gemeinsam bearbeiten und die Gebühren in einem den Leistungen, der Verantwortlichkeit und dem Haftungsrisiko entsprechenden angemessenen Verhältnis untereinander teilen.

Nicht zulässig ist es allerdings, zu vereinbaren, nur die erstattungsfähigen Gebühren abzurechnen und zu teilen. Hierin läge ein Verstoß gegen § 49b Abs. 1 BRAO, weil dann unter den gesetzlichen Gebühren abgerechnet würde.1

Für die Kostenerstattung und -festsetzung ist eine solche Vereinbarung über eine Gebührenteilung unerheblich, da sie nicht die Kosten der Partei betrifft, sondern eine reine interne Vereinbarung zwischen den Anwälten darstellt.

Ist eine solche Gebührenteilung vereinbart, schreibt jeder der beteiligten Anwälte eine Rechnung an den Mandanten, also der Prozessbevollmächtigte über die Gebühren nach den Nrn. 3100 ff. VV und der Terminsvertreter über die Gebühren nach den Nrn. 3401 ff. VV. Die Gebührenteilung ist anschließend dergestalt zu vollziehen, dass derjenige Anwalt, der die geringere Vergütung von beiden erhält, über den hälftigen Netto-Differenzbetrag dem anderen Anwalt eine Rechnung schreibt, zuzüglich Umsatzsteuer. Damit wird erreicht, dass beide Anwälte in gleicher Höhe vergütet werden. Andererseits ist dann aber auch gesichert, dass die Abrechnung steuerrechtlich nicht zu beanstanden ist. Soweit in der Praxis häufig zu beobachten ist, dass der Terminsvertreter seine Rechnung – gegebenenfalls bereits unter Berücksichtigung der Gebührenteilungsabrede – an den Prozessbevollmächtigten schreibt, ist das unzulässig und führt nicht nur zu steuerrechtlichen Problemen, sondern auch zu Problemen bei der Kostenerstattung.

In der Regel wurde bisher eine hälftige Teilung vereinbart.

Beispiel 1: Terminsvertreter im erstinstanzlichen Verfahren – Gebührenteilung

In einem Rechtsstreit über 8.000 € bestellt die Partei neben dem Prozessbevollmächtigten für den auswärtigen Termin einen Anwalt mit der Wahrnehmung des Verhandlungstermins, den dieser auch wahrnimmt. Der Prozessbevollmächtigte vereinbart mit dem Terminsvertreter die hälftige Teilung aller anfallenden Gebühren.

Zur Abrechnung siehe Beispiel 1.

Der Terminsvertreter erhält mit 863,60 € netto eine um 250,80 € höhere Vergütung als der Prozessbevollmächtigte mit netto 612,80 €. Daher muss jetzt der Prozessbevollmächtigte dem Terminsvertreter aufgrund der Gebührenteilungsvereinbarung den hälftigen Differenzbetrag zuzüglich Umsatzsteuer in Rechnung stellen.

Vergütung Terminsvertreter (netto)
Vergütung Prozessbevollmächtigter (netto)
Differenz (netto)
davon 1/2
19% Umsatzsteuer
Gesamt

863,60 €
-612,80 €
250,80 €

125,40 €
23,83 €
149,25 €

Diesen Betrag zahlt jetzt der Terminsvertreter an den Prozessbevollmächtigten, der die Umsatzsteuer natürlich abführen muss. Dadurch ergeben sich für den Prozessbevollmächtigten Nettoeinkünfte in Höhe von:

vom Mandanten
vom Terminsvertreter
Gesamt

612,80 €
125,40 €
738,20 €

Dem Terminsvertreter wiederum kann die an den Prozessbevollmächtigten gezahlte Umsatzsteuer im Wege des Vorsteuerabzugs geltend machen. Ihm verbleibt unter Abzug der Rechnung des Prozessbevollmächtigten folgende Nettovergütung:

vom Mandanten
an Prozessbevollmächtigten abzuführen
Gesamt

863,60 €
-125,40 €
738,20 €

Damit ist bewerkstelligt, dass beide Anwälte ihre Vergütung letztlich in gleicher Höhe erhalten.

Möglich ist allerdings auch eine andere Aufteilung. Die Vorschrift des § 49b Abs. 3 S. 5 BRAO schreibt keine hälftige Teilung vor. Auch andere Verteilungsmaßstäbe sind zulässig. Erforderlich ist lediglich, dass die Verteilung in einem angemessenen Verhältnis zur Verantwortlichkeit und zum Haftungsrisiko der beteiligten Rechtsanwälte und den sonstigen Umständen, wie Aufwand und Schwierigkeit, steht. Insoweit dürfte nicht zu bestreiten sein, dass den Prozessbevollmächtigten den Großteil der Arbeit, der Verantwortung und der Haftung trifft. Er muss die Besprechung mit dem Mandanten führen, die Schriftsätze entwerfen, die Erwiderung der Gegenseite und Verfügung des Gerichts zur Kenntnis nehmen. Er bestimmt die Taktik des Prozesses. Gegebenenfalls muss er auch Gutachten auswerten etc. Dem Terminsvertreter obliegt es häufig nur, den Termin wahrzunehmen und die Anträge zu stellen.

Gerade im Hinblick darauf, dass nach der Rechtsprechung des BGH (s. III.) eine gesetzliche Abrechnung der Kosten des Terminsvertreters als Auslagen und damit eine Erstattung der Kosten eines im Namen des Anwalts beauftragten Terminsvertreters nicht mehr möglich ist, sollte der Prozessbevollmächtigte überlegen, ob er dann, wenn der Terminsvertreter im Namen des Mandanten beauftragt wird, er mit diesem nicht anstelle der hälftigen Teilung eine andere Quote vereinbart.

Beispiel 2

Anwalt und Mandant haben ihren Sitz in Köln. Es kommt zu einem Rechtsstreit vor dem LG München I. Der Streitwert beträgt 20.000 €. Der Kölner Anwalt als Prozessbevollmächtigter beauftragt in Abstimmung mit dem Kläger in dessen Namen einen Terminsvertreter in München.

Abzurechnen ist wie folgt:

I. Prozessbevollmächtigter

  1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV (Wert: 20.000 €)
  2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV

Zwischensumme

  1. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV

         Gesamt

1.088,60 €

1.068,60 €
20,00 €

206,83 €

1.295,43 €

II. Terminsvertreter

  1. 0,65-Verfahrensgebühr, Nrn. 3401, 3100 VV (Wert: 20.000 €)
  2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV (Wert: 20.000 €)
  3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV

Zwischensumme

  1. 19% Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV

Gesamt

Summe I + II

1.540,70 €

534,30 €

986,40 €

20,00 €

292,73 €

1.833,43 €

3.128,86 €

Wäre der Prozessbevollmächtigte selbst nach München gereist, hätte er – An- und Rückreise am selben Tag unterstellt – wie folgt abgerechnet:

  1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV (Wert: 20.000 €)
  2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV (Wert: 20.000 €)
  3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV
  4. Reisekosten, Nr. 7003 VV, Köln-München und zurück (2 x 575 km x 0,42 €/km)
  1. Abwesenheitspauschale, Nr. 7005 Nr. 3 VV

         Zwischensumme

  1. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV         

         Gesamt

2.638,00 €

1.068,60 €

986,40 €

20,00 €

483,00 €

80,00 €

501,22 €

 3.139,22 €

Die Kosten des Terminsvertreters sind also erstattungsfähig, da bei einer eigenen Reise des Prozessbevollmächtigten höhere Kosten angefallen wären (s. u. IV. 1).

Fortsetzung Beispiel 2

Anwalt und Mandant haben ihren Sitz in Köln. Es kommt zu einem Rechtsstreit vor dem LG München I. Der Streitwert beträgt 20.000 €. Der Kölner Anwalt als Prozessbevollmächtigter beauftragt in Abstimmung mit dem Kläger in dessen Namen einen Terminsvertreter in München.

Abzurechnen ist wie folgt:

Prozessbevollmächtigter 80 % aus 3.128,86 €
Terminsvertreter 20 % aus 3.128,86 €

2.503,09 €
625,77 €

Der Prozessbevollmächtige schreibt also an den Terminsvertreter folgende Rechnung:

Vergütung Prozessbevollmächtiger (netto von 2.503,09)
abzüglich vom Mandanten erhaltener Nettobetrag
Differenz
19% Umsatzsteuer
Gesamt

2.103,43 €

-1.088,60 €

 1.014,83 €
192,82 €
1.207,65 €

Kontrolle:
Der Prozessbevollmächtigte erhält vom Mandanten
vom Terminsvertreter
Gesamt

1.295,43 €

1.207,65 €
2.503,08 €

Der Terminsvertreter erhält vom Mandanten
gibt an den Prozessbevollmächtigten ab
Gesamt

1.833,43 €
-1.207,65 €
625,78 €

Beide Anwälte erhalten danach letztlich im Zweifel sogar mehr als bei der Variante der Beauftragung des Terminsvertreters im eigenen Namen (s. u. III.), da dessen Mehrkosten naturgemäß immer unter den Mehrkosten des Terminsvertreters im Namen des Mandanten lagen.

Eine Aufteilung muss meines Erachtens auch nicht zwingend nach Quoten vorgenommen werden. So wäre meines Erachtens auch eine Vereinbarung zulässig, wonach der Terminsvertreter 0,65 der Gebühren zuzüglich Postentgeltpauschale und Umsatzsteuer erhält und der Prozessbevollmächtigte die restliche Vergütung. Dies würde in etwa auf das Gleiche hinauslaufen. Der Prozessbevollmächtigte würde dann im Ergebnis erhalten:

  1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV (Wert: 20.000 €)
  2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV (Wert: 20.000 €)
  3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV

Zwischensumme

  1. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV

         Gesamt

2.075,00 €

1.068,60 €

986,40 €

20,00 €

394,25 €

2.469,25 €

Der Terminsvertreter würde im Ergebnis erhalten:

  1. 0,65-Verfahrensgebühr, Nrn. 3401, 3100 VV (Wert: 20.000 €)
  2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV

Zwischensumme

  1. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV

            Gesamt         

554,30 €

534,30 €

20,00 €

105,32 €

659,62 €

1 BGH AnwBl 2006, 672 = FamRZ 2006, 1523 = AGS 2006, 471 = NJW 2006, 3569 = JurBüro 2007, 19 = RVGreport 2006, 438

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